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Holger Melms
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Ohne hier nachzuschlagen ist wie Essen ohne Messer und Gabel (und ohne Löffel)
Nordkapp von Osten gesehen, dahinter Knivskjellodden, der nördlichste Punkt
1993
1994
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Å,å = Aa,aa  ø=ö

Fruholmen

wird 2009 überarbeitet

z_Fruholmen_Titelseite

 

 

 

Ein schmales Büchlein mit dem Titel "Geschichten über die Leuchtturminsel Fruholmen" war mir im Juni 2004 in der Bibliothek Bodø in die Hände gefallen.

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Es wurde von Hans Hansen, einem der letzten Leuchtturm-Wärter, der mit seiner Familie(!) dort Dienst tat, 1984 geschrieben. Ich war von seinen Schilderungen begeistert und fing an, es zu übersetzen.

 

Omslagsbilde av Fruholmen fyr er en håndmalt skisse av Sara R. Horneman fra 1908.

 



Wo liegt Fruholmen?

 

Man nehme das Touristen-Nordkapp (auf dem nicht mal ein Leuchthäuschen steht) und ziehe eine waagerechte Linie nach West und Ost. Dann wird man im Westen, etwa einen Kilometer nördlich dieser Linie, zwar keinen Leuchtturm aber ein kleines Leuchthäuschen finden. Es liegt auf Knivskjellodden (71°N 11,09’), der nördlichsten (Insel-) Landspitze Norwegens.

Noch weiter im Westen, unterhalb/südlich dieser Linie, wird man einen Leuchtturm, nämlich Fruholm fyr (71°N 05,6’), finden.

Im Osten des Nordkapps liegen bis zur russischen Grenze noch die Leuchttürme Helnesfyr (71N 03,7’), Slettnesfyr (71N 05,3’) sowie drei weitere, die aber allesamt noch weiter im Süden liegen.

Fruholm fyr ist also tatsächlich der nördlichste Leuchtturm Norwegens.

 

Touristisch vermarktet wird allerdings Slettnes fyr als “nördlichster Festlands-Leuchtturm Norwegens - wenn nicht gar der Welt”, da es auf dem Festland liegt und leicht mit dem Auto zu erreichen ist Dagegen liegt Fruholmen fyr auf einer nur mit einem Boot zu erreichender Insel - und das auch nur bei ruhigem Wetter.

Wer mich kennt weiss, dass mich ein solches Ziel reizt, auch wenn auf keiner Seekarte zu erkennen ist, ob und wo genau man dort mit einem kleinen aber tief gehenden (1,75 m) Segelboot festmachen oder evtl. ankern kann.aq

Man kann. Wo in etwa steht in dem oben genannten kleinen Büchlein. Und bei ruhigem Wetter kann man sich zwischen die umgebenden Klippen wagen. Dann kann man sogar mit freundlicher Hilfe der Besatzung der noch immer (bis 2006?) bemannten Leuchtturm-Insel rechnen.

 

Der Landeplatz liegt in der Nähe des oberen roten Kreises, westlich der Stromleitung (15 m hoch, schwarzer Strich). Der Sund ist an dieser Stelle ca. 60 m breit. Die Gezeiten lassen das Wasser kräftig durch den Sund strömen.   Die schwarzen Punkte im Wasser, die aussehen wie ein Plus-Zeichen in einem Kreis, markieren die Stellen, an denen man die Boots-Versicherung benachrichtigen muss, wenn man sie erwischt (nicht die Versicherung sondern die überspülten Felsen). Der untere rote Kreis markiert den Ort Finneset, bis zu dem die Bewohner von Fruholmen früher rudern mussten, um ihre Post abzuholen. Dieser Ort wird im Buch oft erwähnt.

 

 

(18. 7. 2004, 21 Uhr 35.)


(F1) Landeplatz voraus. Die Klippe in der Westzufahrt war weder zu sehen (trotz Niedrigwasser) noch zu fühlen. Jetzt kann nichts mehr schief gehen, außer dass der Landeplatz zum Festmachen vollkommen ungeeignet und die Strömung im Sund zu stark zum Ankern ist. (18. 7. 2004, 21 Uhr 35.)

 

 

z_Fruholmen1895gezeichnet_680

Diese Skizze wurde 1895 angefertigt.

Zum Vergleich: Die Lage und der Bauplan der Häuser vor und nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg ist praktisch unverändert. Selbst das Toilettenhäuschen steht am alten Platz. Nur die Bauweise und das Baumaterial des Leuchtturms sowie der Treppenverlauf wurden vereinfacht.
 

 

 

 

 

 

(F2) Blick vom Fuß des Leuchtturms auf die Zufahrt von Westen. (Ich wurde gleich von drei Personen in Empfang genommen: einem Hamburger, der mit seiner Jolle(!) dort lag, einer Schweizer Künstlerin, die für zwei Monate eine Art Stipendium auf der Insel bekommen hatte und einem der beiden Leuchtturm-Bediensteten. Das Festmachen war somit bei dem ruhigen Wetter kein Problem.)

 

(F3) Blick vom Fuß des Leuchtturms auf die östliche „Ausfahrt“. Etwa einen Zentimetger oberhalb des weißen Punktes sieht man es gurgeln. Da liegt ein überspülter Felsen, dessen Lage ich mir merken muss, da er bei steigendem Wasser bald nicht mehr zu erkennen sein wird. Weit im Hintergrund die Insel Hjelmsöy, die Insel Havöy (rechts davon) und weit dahinter die Insel Mageröy mit dem (echten) Nordkapp am linken Bildrand, etwa 35 Seemeilen entfernt.

 

 

(F5) Mitternachts-sonne alternativ: vom nördlichsten Leuchtturm Norwegens (71° 05,624’) aus betrachtet - statt vom Nordkapp (71° 10,372’) mit 2000 Anderen nach teurem Eintritt. Was mich überraschte: die kleine Leuchtturm-Insel ist wie eine Festung in allen Richtungen von Schären und Untiefen umgeben, was von den dort seit 1866 Lebenden (siehe Buchauszüge) nie als Behinderung erwähnt wird.

 

 

(F8) Ein Blick zurück. (19. Juli 2004, 3 Uhr 40.) Wie es eine Kuh auf der meist felsigen, 300 mal 350 m kleinen Insel dort rund 20 Jahre (ab 1920) ausgehalten hat und wie man das Futter für sie in den 9 Wintermonaten beschaffte, steht in dem Büchlein von Hans Hansen. Siehe Fruholmen (deutsch).

 

 

Osteinfahrt geschafft. Man darf auf keinen Fall mittig in den Sund einlaufen, sonst hat man eine gute Chance, die Klippe (oberhalb des weißen Pfeils) zu treffen.

 

 

 

 

 

 

"Der Hafen" von Fruholmen. Bei Niedrigwasser (Tidenhub 3 bis 4 m) ist nur der linke Teil des Kais für ein tiefgehendes Boot zu benutzen.

 

 

Im Prinzip ein solider Platz zum Festmachen. Die Pfosten reichen allerdings nicht (mehr) bis ins Niedrigwasser.

 

Für ein paar Stunden ausreichend vertäut. Die wechselnde, zeitweise starke Strömung hat allerdings die Wirkung, das Boot zu “verdrehen”, d.h. mit dem Bug oder dem Heck kräftig gegen die Betonmauer zu drücken.

 

 

Drei Ebenen: das Bootshaus über dem Hochwasser-Niveau, die Wohnhäuser auch bei Sturm “im Trockenen”, der Leuchtturm auf dem höchsten Teil der Insel.

Was hier beim Sturm los ist, steht ebenfalls in dem kleinen Buch von Hans Hansen.

 

Die merkwürdig milchige Färbung des Meers sind Algen, die sich aufgrund der ungewöhnlich hohen Temperaturen in diesem Sommer massenhaft vermehrten - sehr zum Ärger der Fischer.

 

 

### Doch wenn die Algenblüte verwelkt, beginnt das große Sterben. Die Algen selbst produzieren schon giftige Substanzen. Und wenn sie absterben und zu Boden sinken, werden sie von Bakterien zersetzt. Dabei wird der gesamte Sauerstoff des Wassers in der Umgebung verbraucht - unter der Algenblüte entsteht eine Todeszone, in der kein Meeresbewohner überleben kann.

Anschließend übernehmen Spezialisten den Zersetzungsprozess: anaerobe Bakterien, die keinen Sauerstoff zum Leben brauchen. Sie produzieren wiederum Schwefeldioxid, das mit dem Wasser zu Schwefel und Schwefelwasserstoff reagiert, einem stinkenden und giftigen Gas. In kleineren Eruptionen steigt es an die Oberfläche und reißt noch mehr Fische in den Tod.

Auf Satellitenbildern sind diese tödlichen Schwefelwasserstoff-Rülpser des Ozeans an der milchig-grünen Wasserfärbung zu erkennen, die vom Schwefel stammt.

 

Wer weiss was das ist? Erst nach der Lektüre von Hansens Buch verstand ich die entscheidende Bedeutung dieser unscheinbaren Schlitze an den Leuchtturmfenstern.

 

 

Noch ein paar mal überstreichen und sie haben ihre Wirkung verloren.

 

 

Der westliche Teil der kleinen Insel ist vom Meer blankgescheuerter Felsen. Nur der östliche Teil ist mit Pflanzen bewachsen und konnte der Kuh als Sommerweide dienen.

 

 

"Heute". Fruholmen ist gleichzeitig Wetterstation und an das Internet via Telefon angebunden.

In ein oder zwei Jahren wird auch Fruholmen “entmannt” sein.

 

 

 

 

 

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17.01.2009

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