Nordkapp von Osten gesehen, dahinter Knivskjellodden, der nördlichste Punkt
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By Holger Melms
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Mein Standard-Browser, mit dem ich auch meine Seiten teste.
Ohne hier nachzuschlagen ist wie Essen ohne Messer und Gabel (und ohne Löffel)

“Det genuine fiskeværet” Bergsfjord

Definition / Aussehen / Festival / Die Buck-Familie / Zentrum / Luftbild

Mein erstes „genuines Fischerdorf“! Der Begriff des „Genuinen“, also des Echten und Unverfälschten, geistert durch alle schwedischen und norwegischen Reiseführer, um ein ehemaliges Fischerdorf als lohnenswertes, malerisches Touristen-Ziel zu kennzeichnen. Aber alles, was ich bisher an solchen Orten - und das sind Dutzende - gesehen habe, war entweder zu Ferienhaus-Ansammlungen umgestaltet, vollkommen runtergekommen oder derart hochgerüstet, dass man es schon als Industrie-Ort bezeichnen müsste.

Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass heute weder ein malerisches noch unverfälschtes Fischerdorf in Skandinavien überleben könnte: ein “malerisch” altes ist auch ein veraltetes Fischerdorf und bedarf des Tourismus um zu überleben. Ein “unverfälschtes” (wie Bergsfjord) ist auch ein modernes, zweckmäßiges Fischerdorf mit allen “unromantischen” Aspekten heutiger Technik.

Zur Uebersicht: Streckenverlauf ab Tromsø bis Bergsfjord.

Dieses Bergsfjord, auf das mich ein paar Einheimische hinwiesen, ist zwar keine Insel aber dennoch nur mit dem eigenem Boot oder maximal zweimal am Tag per Fæhre zu erreichen, da die Zufahrt zu der Halbinsel, auf der der Ort liegt, durch einen Gletscher versperrt wird, der bisher noch nicht untertunnelt ist.

Die Gemeinde, zu der Bergsfjord gehört, heißt Loppa. Die Gemeinde-Verwaltung liegt in Öksfjord, einem Ort, der auch von der Hurtigrute “direkt” angelaufen wird. *) (Bevor ich von Alta nach Bergsfjord kam, war ich in Øksfjord und habe nach einem Rundgang durch die "Hauptstadt der Penner" - so mein Eindruck - sofort wieder abgelegt.)

Genaueres zur Lage: die Insel Loppa, die der ganzen Gemeinde den Namen gab, war ursprünglich auf Grund ihrer strategischen Lage der wichtigste Ort der Gegend.  (Auf der Nordfahrt war ich auf Loppa.) Heute wohnen dort im Winter nur noch zwei alte Männer.

Bergsfjord liegt links oberhalb der Bildmitte. Das schwarze Kreuz weist darauf hin, dass es dort eine Kirche gibt. Der Hauch einer roten Linie deutet auf ein kurzes Stück Straße.

Die linke grüne Linie zeigt die Grenze zwischen den Provinzen Troms (links) und Finnmark (rechts).Wer mit dem Boot von Troms in die Finnmark will, muss an Loppa vorbei über das offene „Loppa-Meer“ (Loppahavet), und das soll bei stürmischem Wetter keine Spazierfahrt sein. Nicht aus Zufall verlæuft hier die Grenze zwischen den beiden Provinzen.

Die rechte grüne Linie zeigt die Abgrenzung der 1300-Seelen-Gemeinde Loppa nach Nordosten.
 

Auf diesem Satellitenfoto der NASA (World Wind 1.3.3.1) ist Bergsfjord “hinter den Gletschern” und die schmale Landbrücke zwischen den tief von Westen und Norden einschneidenden Fjorden gut zu erkennen.


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Was ist nun ein genuines Fischerdorf in meinen Augen?

° Erst einmal müssen die Bewohner vom Fischfang leben und nicht von Sommergästen.
° Zweitens müssen alle(!) aus dem Fischfang ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften, um ihre Häuser unterhalten zu können.
° Drittens muss die Infrastruktur noch intakt sein: Schule, Fischannahme, kleine Werft, Hafenanlage in gutem Zustand mit Tankstelle und Landhandel und einem kleinen Lokal.
° Viertens dürfen nicht ein paar Fischer bzw. Fischbetriebe die natürlichen Wattbereiche zugeschüttet und verschandelt haben (wie u.a. Røst und Værøy).
° Fünftens dürfen nicht zwischendrin oder drumherum die Protzvillen der Neureichen aus Oslo oder Stavanger oder Tromsö stehen (wie an der gesamten Suedkueste Norwegens).
° Sechstens sollte der Ort mit dem Auto nicht direkt erreichbar sein, da sonst die Gefahr besteht, dass sich in kürzester Zeit ein Strukturwandel vollzieht.
° Und als Zugabe: die Landschaft sollte auch noch Einiges zu bieten haben.

Wie gesagt: ich musste schon einige tausend Seemeilen die Skandinavische Küste entlang schippern, um einen solchen Ort zu finden. (Evtl. würde ich die Insel Trysunda an der Höga Kusten in Nordschweden in diese Liste aufnehmen. Und nur mit starken Einschränkungen zwei oder drei Orte auf den Lofoten!)


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Und wie sieht so ein Ort im 21. Jahrhundert aus?

Viele einfache aber gepflegte Häuser an einer geschützten Hafenbucht. Das lange graue Gebäude rechts oberhalb der Bildmitte ist das Zentrum: Kai, Lagerhaus, Landhandel, Lokal. Im Vordergrund rechts (verdeckt) Fischfabrik und Fähranleger. Jenseits der Bucht (abgeschnitten, siehe nächstes Foto) kleine Werft und Kirche. Links (ebenfalls abgechnitten - mit fehlt das Weitwinkelobjektiv meiner „richtigen“ Kamera) neben dem großen weißen Haus die Schule mit vier Lehrern für 14 Kinder. Das ist alles Wesentliche, was die 140 permanenten Bewohner des Ortes benötigen.

Dies ist die „Verbreiterung“ des vorigen Fotos nach rechts. Im Vordergrund der Fähranleger; im Hintergrund links die Kirche oberhalb der kleinen Werft.

Und als Zugabe: viele kleine, das Hafenbecken schützende Inseln und eine Bergkulisse, die nicht erdrückend wirkt.

Die „Verbreiterung“ des ersten Fotos nach links zeigt die gefällige Berglandschaft mit dem ortseigenen Gletscher. Nach ein paar Gehminuten bergan hat man folgendes Bild:

Der zu jedem ordentlichen Gletscher gehörende Gletschersee und der - in natura - blau schimmernde Svartfjelljøkel, der auf dem Foto nur als großer weißer Flick links der Bildmittelachse zu sehen ist. (In dem See soll es reichlich Fische geben!)

Apropos Gletscher: die Älteren des Ortes berichten, dass der Gletscher 1916 bis an den See herabreichte. Woraus man schließen kann, dass das Klima sich zu Ungunsten der Gletscher verändert hat. Andererseits gab es zwischen der Eiszeit (muss nachgelesen werden) und den heutigen Gletschern überhaupt keine Gletscher in Norwegen. Irgend etwas passt da nicht mit der menschgemachten Erderwärmung zusammen.

Das ist das vom See abfließende Gletscherwasser, das von 1917 (bis zur Verbrannten Erde 1944) ein kleines E-Werk versorgte. Siehe ###.

Seit 1959 (nach dem Wiederaufbau) treibt es eine größere Voith-Turbine zur Stromerzeugung an.

An einer Stelle, an der sich das Wasser etwa auf einen dreiviertel Meter Tiefe staute, plantschten drei Kinder. Vermutete Wasser-Temperatur: 4 bis 8 Grad.

Da lacht das Herz des Maschinenbauers! Das kleine E-Werk von 1959 læuft und læuft. Alle Aggregate wurden 1958 gebaut: die Turbine (T) und die Regeleinrichtung (R) zur Anpassung der Strommenge an den Wasserstand (beides von Voith), die Generatoren (G) lieferte Siemens.


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Das Råttstokk-Festival in der Damperie’

Als ich in Alta meine neue Lichtmaschine einbaute, gab mir ein Mitarbeiter der Firma Motor Norge (siehe Alta) den Tipp, dass an diesem Samstag in Bergsford ein „Festival“ stattfindet. Das war der zweite Hinweis auf Bergsfjord; den ersten erhielt ich in Loppa. Also hin. Samstag früh bin ich da und tatsächlich: hier wird was los sein, wie mir Marion, die Wirtin der „Damperie’“ bestätigt.

Mittags versammelte sich der ganze Ort zum Essen in der renovierten „Trankocherei“ und abends kommt dann die kleine einheimische Band, die ausnahmsweise mal ohne viel Verstärker eine recht ordentliche Musik erzeugt. Gespielt und getanzt wird in den oberen Räumen bis früh um Drei.

An jedem zweiten Wochenende im Juli fand und findet in Bergsfjord dieses Festival statt. In früheren Jahren sollen sogar zwei Bands gespielt haben, bis dann eine kleine „ökonomische Krise“ eintrat, was bei der Abgeschiedenheit des Ortes nicht verwundert. “Råttstokk” soll “Treibholz” bedeuten.

Die oberen Räume der Damperie’. Hier saß ich bei Beginn des Festivals als Fremdling (Bergsfjord hat im Sommer vielleicht gerade so viel Bewohner wie Schätzendorf - also rund 300 - und jeder kennt jeden) an einem zunächst leeren Tisch.

 In Erwartung der Musik hatte ich mein Logbuch dabei, um die fehlenden Einträge nachzuholen. Ein junger Mann (aus dem benachbarten Nuvsfjord) wollte darin blättern und verstand natürlich nichts: fremde Sprache, Sauklaue. Erst als er sich auf die Überschriften (Tag, Starthafen, Zielhafen) konzentrierte, fand er seinen Geburtsort (Ringholmen), dann den seiner Freundin (Sveggesund), dann den einiger Freunde. Das gab ein ziemliches Hallo.
Zusätzlich traf ich auf einige Gesichter, die ich aus Alta kannte, und von denen sich einige auch an mich erinnerten. (Zur Erinnerung: keiner kann Bergsfjord mit dem Auto erreichen. Einige Wenige kommen mit der Fähre. Jeder „normale“ Norweger kommt mit dem eigenen Boot. Und in Alta gibt es nur einen einzigen Sportboothafen, an dessen Einfahrt ich fünf Tage lang an dem Be- und Entladesteg lag und von jedem wahrgenommen wurde.) Nach einer guten Stunde hatte ich damit den beunruhigenden Geruch des Fremden verloren.

Der Tresen in den unteren Räumen der Damperie’. Tagsüber treffen sich hier die Mütter mit ihren Kindern. Abends das Jungvolk.

Das Lokal ist phantasievoll eingerichtet und sicher wert, noch lange zu existieren, denn im Umkreis von sehr vielen Seemeilen in einer weitgehend unbewohnten Landschaft scheint es nichts Vergleichbares zu geben.

Die Terrasse der Damperie’ - etwas ganz Außergewöhnliches!

Nirgendwo sonst entlang der ganzen nordnorwegischen Küste habe ich in einem kleinen Ort einen fast südländisch anmutenden Platz zum Kaffee trinken und zum Sitzen in der Sonne gefunden.

Alle drei Segmente dieses Gebäudekomplexes gehören zur Damperie’.

Bei Ebbe zieht sich das Wasser bis unmittelbar vor den Bug der beiden Fischerboote zurück und gibt ein nicht verschandeltes Wattgebiet frei. Ist das erwähnenswert? Schon, denn die großen Inseln Röst und Väröy auf den Lofoten zum Beispiel verwenden ihre Wattgebiete als Schuttkippe, um daraus - vielleicht einmal - neues Bauland zu gewinnen.


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Die Buck-Familie

Wäre so etwas bei uns denkbar? Weil der 100-Seelen-Ort so abgelegen ist aber nicht „verblöden“ soll, gibt es im Landhandel eine kleine Außenstelle der Gemeindebibliothek mit Internet-Terminal.

Meine Augen leuchteten, als ich es entdeckte und mir der äußerst zuvorkommende Besitzer des Ladens - dessen Familiengeschichte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte - sofort die Benutzung erlaubte. Später fragte ich wie üblich nach einem Buch über die Geschichte des Ortes und erhielt „Loppas historie“ in die Hand gedrückt. Einige Lesestunden später wusste ich, wer mich da so freundlich bediente.

Nachdem ich das Folgende gelesen hatte, war mir endlich klar, wie die Strukturen an der nordnorwegischen Küste aussahen, die in jeder Lofoten-Broschüre - unverständlich kurz - erwähnt werden. Eine anschauliche Darstellung wie sie entstanden sind fand ich dann in Kjell Fjörtofts Buch “Min Öy i Havet” - siehe Senja. (Da Text im Gegensatz zu Fotos kaum Platz belegt, kommt vor den weiteren Fotos erst eine ganze Seite norwegischer und deutscher Text.)

Seite 234 bis 235 aus „Loppas Historie“ Bygdebok for Loppa kommune (ohne Jahr, nach 1980, vor 1986) ISBN 82-990963-0-8
 

Der Text im Original

Samme år som Rasch döde (sansynligvis i 1887), ble Bergsfjord solgt til
- köpman Wilhelm Klerk Buck i Öksfjord
som 2 år seinere - för han döde in 1889 - overdro stedet til sin sönn
- Cort Sigfred Akkermand Buck,
gift med Theodora (Dora) Augensen fra Fredrikstad. Ved folketellinga i 1891, blir han titulert som faktor. Det skulle tyde på at han har bestyrt handelen för han overtok den.
I de 90 år som er gått siden folketellinga i 1801, hadde folketallet i Loppa ökt med over det doppelte, fra 450 i 1801 til 919 i 1891. Omsetningen i varehandelen hadde vel ökt tilsvarende. Russehandelen hadde skapt avsetning for sommerfanget fisk, og levekårene [Lebensumstände] var vel blitt bedre enn de var i begynnelsen av 1800-tallet. Det har värt tilbakegang fra tid til annen, slik det var under Krimkrigen i 1850-åra, men stort sett hadde det värt en gradvis fremgang.
Men fremgangen for de enkelte steder, har vel berodd mye på det initiativ og den innsats som väreieren eller handelsmannen utviste. Fremdeles var det han som måtte väre „pott og panne“, - det var han som eide stedet, dat var han som kunne skaffe kapital, det var han som satt med nökkelen til utviklingen, det var han som måtte ville noe. De aller fleste fortsatte med å drive på den gamle måten, de byttet varer med fisk som de tilvirket etter gammelt mönster, til törrfisk og saltfisk.
Det er tydelig at Cort Buck har villet noe. Han har sett de muligheter det var i Bergsfjord. Det var ikke lenge för han oppdaget at elva - som rant midt i bygda - kunne brukes til annet enn til drikkevann. Sammen
- med sin bror Olaf,
fick hann dannet et aksjeselskap som bygde en guanofabrikk, - der vannet fra elva ble brukt som drivkraft til kverna som malte guanoen. Det var den förste virkelige industribedrift i Loppa. Fabrikken kom antagelig i gang i 1895, men allerede i 1903 gikk selskapet - A/S Bergsfjord guanofrabrikk - dessvärre konkurs.
Men tanken om industri i Bergsfjord, må fremdeles ha levd i Bucks sinn. Det er vel ikke usansynlig at han har medvirket til at det i 1912-13 ble bygd en ny fabrikk i Bergsfjord, - en sildoljefabrikk - som også nyttet vann fra Bergsfjordelva som drivkraft når vannföringa var stor. Han anla en slipp i Bergsfjord, og var sikkert en av hovedmennene bak kraftverket som ble bygd her under forrige verdenskrig. [1917 an anderer Stelle] I tillegg til alt dette bygde han dampshipskai, tankanlegg for petroleum, og bakeri, likesom han eide et fraktfartöy og flere fiskebåter og hadde part i sildnotbruk.
Cort Buck döde i 1928, og
- hans sönner Wilhelm og Markus
fortsatte i farens fotspor. Wilhelm var gift med jordmor [Hebamme] Jonette Gamst fra Loppa, Markus var ugift.
Etter at de to brödre Buck var döde, ble firmaet i 1971 omdannet til
- Cort Buck A/S, med Cort Buck Rustad som sjef.
Han er en dattersönn [Enkel, genauer: Sohn der Tochter] av Cort Buck, og kom til Bergsfjord ennå mens han onkel Markus levde. Firmaet har nå også filetanlegg med fryseri [inzwischen verkauft] - en industribedrift i fiskebransjen - og fölger således tradisjonene fra Cort Bucks tid. Cort Buck Rustad er gift med Marit, födt Mossafin [Schreibweise sei besser: Mosafin] fra Voss.

Der Text in meiner Übersetzung

In demselben Jahr, in dem Rasch starb, (wahrscheinlich 1887), wurde Bergsfjord an den
- Kaufmann Wilhelm Klerk Buck aus Öksfjord
verkauft, der 2 Jahre später - bevor er 1889 starb - den Ort auf seinen Sohn
- Cort Sigfred Akkermand Buck,
überschrieb, der mit Theodora (Dora) Augensen aus Fredrikstad verheiratet war. Bei der Volkszählung 1891 wurde dieser als Geschäftsführer bezeichnet. Das könnte bedeuten, dass er die Geschäfte führte bevor er selbst Eigentümer wurde.

In den 90 Jahren, die seit der Volkszählung seit 1801 vergangen sind, hat sich die Bevölkerung in Loppa (Kommune oder Insel? - wahrscheinlich Kommune) mehr als verdoppelt: von 450 in 1801 auf 919 in 1891. Der Warenumsatz ist sicher entsprechend gestiegen. Der Russenhandel schuf einen Absatzmarkt für Fisch, der im Sommer gefangen wurde (der Winterfisch ging nach Bergen), und die Lebensumstände waren sicher besser als zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Von Zeit zu Zeit gab es Rückschläge, wie während des Krimkieges in den 1850-er Jahren, aber im Großen und Ganzen gab es Fortschritte.

Aber die Entwicklung der verschiedenen Orte beruhte im wesentlichen auf der Initiative und dem Einsatz der Ortsbesitzer oder der Handelstreibenden. Noch immer waren diese „Pott und Pfanne“, sie waren es, die Grund und Boden besaßen, die Kapital beschaffen konnten, sie waren der Schlüssel zur Fortentwicklung, sie waren es, die etwas bewegen mussten. Die Allermeisten begnügten sich damit, ihr Geschäft in den alten Bahnen zu betreiben: sie tauschten Waren gegen Fisch, den sie nach altem Muster verarbeiteten - zu Trockenfisch oder zu Salzfisch.

Es ist deutlich zu erkennen, dass Cort Buck etwas bewegen wollte. Er erkannte die Möglichkeiten, die sich in Bergsfjord boten. Es dauerte nicht lange bis er feststellte, dass das Wasser des Gletscherbachs, der mitten durch den Ort fließt, zu anderem als zum Trinken verwendet werden konnte. Zusammen mit
- seinem Bruder Olaf
bildete er eine Aktiengesellschaft, die eine Guanofabrik baute, die das Wasser des Baches zum Antrieb der Mühle benutzte, die den Ausgangsstoff (Fisch in welcher Form?) zu Guano (Fischmehl?) zerkleinerte. Das war der erste wirkliche Industriebetrieb in Loppa. Die Fabrik nahm [antagelig?] ihren Betrieb 1895 auf, aber bereits 1903 ging die Gesellschaft - A/S Bergsfjord guanofrabrikk - leider in Konkurs.

Die Vorstellung von einem Industriebetrieb in Bergsfjord muss im Kopf von Cort Buck geblieben sein. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass er am Bau einer neuen Fabrik zur Herstellung von „Heringsöl“ mitgewirkt hat, die ebenfalls das Wasser des Bergsfjordelva zum Antrieb benutzte, sofern die Wassermenge ausreichend war. Er legte einen Slipp (kleine Werft) in Bergsfjord an und war sicher einer der Hauptakteure beim Bau des kleinen Elektrizitätswerks während des ersten Weltkriegs [1917 an anderer Stelle]. Damit nicht genug - er baute einen Kai für (die neuen) Dampfschiffe, eine Tankanlage für Petroleum, eine Bäckerei, daneben besaß er ein Frachtschiff und mehrere Fischerboote und war Teilhaber einer Schleppnetzfabrik.

Cort Buck starb 1928, und
- seine Söhne Wilhelm und Markus
folgten seiner Fußspur. Wilhelm war mit der Hebamme Jonette Gamst aus Loppa verheiratet, Markus blieb unverheiratet.

Nachdem die beiden Brüder Buck gestorben waren, wurde die Firma 1971 umgebildet:
- Cort Buck A/S, mit Cort Buck Rustad als Chef.

Er ist ein Enkel, (genauer: Sohn der Tochter) von Cort Buck, und kam nach Bergsfjord als sein Onkel Markus noch lebte. Die Firma betreibt nun auch einen Filettierbetrieb mit Kühlhaus - ein Industriebetrieb in der Fischereibransche - und folgt so der Tradition aus Cort Bucks Zeit. Cort Buck Rustad ist mit Marit, geborene Mossafin [Schreibweise sei besser: Mosafin] aus Voss (bei Bergen) verheiratet.

Mein Nachtrag: der Filettierbetrieb mit Kühlhaus ist inzwischen verkauft. Ebenso hat Cort Buck Rustad Teile seines Grundbesitzes an diejenigen verkauft, die dort gebaut hatten. Das könnte sich langfristig als großer Vorteil für den Ort erweisen: auf dieser Besitzstruktur entwickelte sich (das berühmte) Henningsvär auf den Lofoten prächtig, während das gegenüber liegende Stamsund im Besitz der „Großgrundbesitzer“-Familie blieb und verkümmerte. Heute ist Stamsund im Besitz der Gläubiger und hat eine schwierige Entwicklung vor sich.

Henningsvär wurde 1865 von den Erben des überaus erfolgreichen aber kinderlosen „Dorfkönigs“ Dreyer für eine irre Summe (eine Viertel Million Kronen) an die Gemeinde verkauft, die ihrerseits an mehrere kleinere Eigentümer verkaufte, die ihrerseits kräftig zur Entwicklung des Ortes beitrugen. Heute ist Henningsvaer einer der hübschesten Touristen- und gleichzeitig einer der wohl auch wirtschaftlich gesündesten Fischer-Orte.

Eine ähnliche Entwicklung wäre Bergsfjord zu wünschen, obwohl die Bedingungen hier schwieriger zu sein scheinen.

Die Buck-Familie geht auf einen Dänen zurück, der (Jahr vergessen, aber lange her) als 18-jähriger nach Nordnorwegen kam.


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Das Zentrum von Bergsfjord

Der Landhandel von außen. Hier gibt es neben dem Internet-Anschluß noch Post und Lottoannahme und „abgabefreien“ Diesel - und wahrscheinlich noch Einiges mehr. Das Gebäude liegt direkt am Hafenkai.

In Dutzend anderen Orten entlang der westnorwegischen Küste habe ich anstelle eines solchen noch in voller Blüte stehenden Ortsmittelpunktes am Hafen nur Verfall gesehen.

Das Wohnhaus der Familie Buck Rustad bildet zusammen mit dem Landhandel (voriges Foto) und den Kaigebäuden (nächstes Foto) eine optische Einheit. (Die Gebäude liegen dicht beieinander.)

Die gepflegte „Hauptstraße“ des Hafens von Bergsfjord.

Links liegt die Damperie’.

Rechts liegt das Gemeinschaftsgebäude der Fischer, in dem jeder seinen eigenen Raum hat. (In anderen Orten ist es üblich, dass jeder Fischer seinen eigenen Schuppen hat und diese Schuppen dicht aneinander gedrängt am Hafen stehen.)

Dieser Fischerkai ist einer der aufgeräumtesten, die ich in diesem Sommer sah. (PHINE liegt hinter dem rechten Gebäude.)

Dieses Foto ist eine Wiederholung, um das geschlossene Erscheinungsbild des Bergfjorder Zentrums zu zeigen.

Diese Geschlossenheit lässt mich vermuten, das alle Gebäude ursprünglich von der Familie Buck errichtet und besessen wurden, bevor auch bei ihnen eine “kleine ökonomische Krise” eintrat.

Der Kai mit der Damperie’ (wer es noch nicht bemerkt hat: in diesem norwegischen Wort steckt das deutsche Wort “Dampferei” und weist auf die Trankocherei hin).

Der U-förmige Kai verdeckt die PHINE, deren Mastspitze hinter dem dunkelgrauen Dach (links) hervorragt. Sie belegt eine ganze Seite des “U”.

Es gibt noch zwei Schwimmstege im Hafen, die aber deutlich mit “privat” markiert sind.

Ein Foto mit dreifacher Aussage.

Erstens zeigt es die „Tiefe“, in die man hinabsteigen muß (ca. 4 m, Augenhöhe über Deck also fast 6 m), um bei Niedrigwasser an Deck zu kommen.

Zweitens zeigt es, wie bequem die PHINE mit ihrem Aluminium-beschlagenen Fenderbrett an den senkrechten Bohlen der Kaimauer auf- und abgleiten kann. (Sofern man die Festmacherleinen an der richtigen Stelle angebracht hat.)

Es zeigt aber auch, dass die PHINE den bequemsten der vier Liegeplätze am Hafenkai von Bergsfjord belegt bzw. blockiert. Nach fünf Tagen „Blockade“ wurde es daher Zeit, sich vom Acker zu machen. (Als Alternative hätte ich weit außerhalb der hier üblichen Festmacherbojen ankern müssen. Der Hafenkai gehört der Fischergemeinschaft.)


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Bergsfjord aus anderer Sicht

Dieses Foto zeigt Bergsfjord aus der Luft. Es stammt aus einem bereits 1982 erschienen Buch, das heute vergriffen ist.

Sieht man sich die Lage und prognostizierte Bevölkerungsentwicklung der klitzekleinen Gemeinde Loppa mit dem in meinen Augen armseligen Hauptort Öksfjord an, so ist zu befürchten, das das abgeschiedene aber deutlich gepflegtere Bergsfjord von dort keine kräftige Unterstützung erwarten kann.

Die auf dem Foto erkennbare Strasse endet in beiden Richtungen nach einem guten Kilometer, wenn der breite Uferstreifen endet und das Gebirge steil in den Fjord abfällt.

Die - sicherlich stark subventionierte - Verbindung zu Wasser nach Öksfjord dauert 45 Minuten mit dem Personen-Schnellboot bzw. 2 1/4 Stunden mit der Autofähre.

 

Das Wesentliche zum Schluss

Das Vorhergehende sind alles Abbildungen der Äußerlichkeiten. Was fehlt sind die Begegnungen und Gespräche: mit dem französischen Ehepaar, das immer wieder zu Besuch nach Bergsfjord kommt - nun mit einem Wohnmobil, nachdem es in jüngeren Jahren den Globus rund 10 mal umsegelt hat. Mit den anwesenden Mitgliedern der freundlichen Familie Buck: Vater, Mutter und zwei der drei Töchter. Mit der munteren Schweizerin und ihrem weitgereisten Ehemann. Und fast ein ganzer Tag mit dem deutschen Ehepaar aus Heide, das immer wieder von der Natur und dem Fischreichtum in Bergsfjord begeistert ist.

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