© Holger Melms
2003-2005

Durch Helgeland zu den Lofoten

 Brönnöysund / Stromöya / Lovund / Träna / Kirche Husöy / Myken

Helgeland ist keine Provinz (norwegisch: fylke) sondern eine Landschaft in der Provinz Nordland, die bei der grauen Linie auf halber Strecke zwischen Rørvik  und Brønnøysund beginnt. (Rörvik liegt noch in der Provinz Nord-Trøndelag.)

Durch Klick vergrößerbar!Helgeland ist die südlichste Landschaft in Nordland und endet etwa bei Ørnes, weiter nørdlich liegt die Landschaft Salten mit der Provinz-Hauptstadt Bodø. Bei Røst beginnen die Lofoten, eine weitere Landschaft in der Provinz Nordland.

Besonders attraktiv ist Helgeland in der Næhe des Polarkreises. Deshalb führt mein Weg von dem freundlichen Städtchen Brönnöysund nach Sandnessjön und erst von dort zu den weit draußen liegenden Inseln Lovund, Träna, Selvär und Myken.


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Erste Begegnungen in Brönnöysund

Am xx.xxx.xx im Gästehafen von Brönnöysund
Im kleinen aber feinen Gæstehafen von Brønnøysund, der sich seit 1997 nicht verändert hat, werde ich zum ersten Mal angesprochen. Zuerst von einem freundlichen Rheinländer, der im Sommer mit seiner resoluten norwegischen Frau die kleine, genau gegenüber liegende Insel bewohnt. Von ihnen erhalte ich ein frisch gesammeltes Mövenei geschenkt: Kochzeit 17 Minuten, schmeckt besser als ein Hühnerei.

Kurze Zeit später kommt ein sportliches Ehepaar an den Steg und spricht mich an. Der Mann stellt Sprayhoods her und interessiert sich für meine “Affenkäfig”-Konstruktion. Im Laufe des Gespräches stellt sich heraus, dass er einer der bekanntesten norwegischen Greenpeace-Aktivisten ist.


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Strömöya - eine weitere, wichtige Begegnung

Durch Klick vergrößerbar!Diesen kleinen Clubhafen, von dessen Existenz ich aus einem norwegischen Hafenführer erfahren habe, laufe ich nur wegen des widerlichen Gegenwinds an. Er liegt nur wenige Seemeilen nördlich von Brönnöysund direkt am Fahrwasser nach Norden. Hier treffe ich auf die Besatzung des Motorbootes “OSSI”, dass mir vor einigen Tagen mit südlichem(!) Kurs entgegen fuhr.

Die Besatzung besteht aus einem freundlichen Ehepaar aus Norddeutschland, das Norwegen seit 16 Jahren jeden Sommer ausgiebig bereist und hier oben jeden Hafen kennt und mit einer Vielzahl von Norwegern befreundet ist. (Bereits in Ringholmen erzählte man mir von diesem Ehepaar.) Ihnen habe ich es zu verdanken, dass ich meinen Winterplatz in der Nähe von Bodö bekam.

Durch Klick vergrößerbar!Der gepflegte Club-Hafen wird außerhalb der Ferienzeit offensichtlich nur selten besucht. Hier gab es in früherer Zeit ein bis zwei Fischerfamilien, die den kleinen Fjord als Naturhafen benutzten.

Durch Klick vergrößerbar!Meine zweite Begegnung an diesem Ort: ein nicht allzu scheuer Widder (oder Schaf?), der den Eindringling in sein Revier sorgfältig begutachtete. Vierbeinige Tiere sind an der Küste selten geworden, wenn man von den Rentieren der Samen hoch oben in der Finnmark mal absieht.

An wenigen Stellen trifft man noch auf Schafe und noch seltener auf Kühe.

Durch Klick vergrößerbar!Selbst bei trüben Wetter ist Norwegen malerisch. Ich behaupte sogar, das die norwegische Küste vom Wasser(!) betrachtet sogar bei tiefhängenden Wolken und strömendem Regen noch schön ist.

Damit PHINE von dem zeitweise kräftigen Ostwind nicht zu stark gegen den Schwimmsteg gedrückt wird, habe ich eine 50 m lange Leine an einen Eisenpfosten an Land ausgebracht. (Wohl nur in der Vergößerung zu erkennen.)


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Kurzer Stopp in Lovund

Es ist Freitag Abend (23. Mai) und vielleicht treffe ich ja auf eine lustige Wochenend-Schar, so jedenfalls hat es den Anschein. Ein halbes Dutzend kleinere und größere voll besetzte Motorboote überholen mich.

Die Strecke von Sandnessjöen führt über tiefes breites Wasser bis unmittelbar vor die Hafeneinfahrt von Lovund. Auf den Schutz vorgelagerter Inseln muss man allerdings verzichten, was in deutlich rauherem Seegang resultiert.

Die Insel Lovund wird oft beschrieben, was sie eher ihrem 623 m hohen, weithin sichtbaren „Hausberg“ als der Schönheit ihrer Fischbetriebe zu verdanken hat.

Aus der Ferne ist in dem Oval etwas zu erkennen, was wie riesige Treibstofftanks eines Kriegshafens aussieht.

An Land werde ich dann feststellen, dass es sich um eine große Fischfabrik handelt. Was sich in den vermeindlichen Treibstofftanks befindet oder abspielt, konnte ich nicht feststellen: alle Türen waren offen, aber kein Mensch war in den Hallen, dem Labor oder den Büros. (Es war bereits abends, als ich über das Gelände radelte.)

Im Hafen von Lovund. Man darf an diesem soliden Schwimmsteg einen Tag kostenlos liegen, für längere Zeit nur in Absprache mit dem Hafenmeister. Das ist neu: bisher verlangte praktisch jeder Hafenbetreiber eine Bezahlung ab der ersten Stunde.

Im Hintergrund die unvermeidliche Fischannahme. Die oben erwähnte, weithin sichtbare Fabrik liegt hinter dem Berg, der in einigen Jahren wohl verschwunden sein wird: die hintere Hälfte ist bereits weggesprengt und als Molenverstärkung ins Meer geschüttet.

Ein anderer Blickwinkel: die dem Ortskern zugewandte Seite des Hafens mit einigen Fischerhütten und, im Hintergrund, dem Fähranleger.

Der Ort umfasst rund hundert Häuser und rund 3 km Straße. Der Berg ist wohl nur von geübten Bergsteigern zu erklimmen, jedenfalls ist kein Weg zum Gipfel in dem Ortsplan eingezeichnet. Und der eingezeichnete Ufer-Wanderweg führt nicht einmal um die ganze Insel herum.

Viel hat diese Insel neben ihrem markanten Berg, der am stärksten aus der Ferne beeindruckt, wohl nicht zu bieten.

Und dann doch noch eine angenehme Überraschung. Mitten zwischen den neuen und oft schmucklosen Häusern dieses reizende Holzhaus, eingebettet in einen herrlichen alten Garten.

Eines Fotos nicht wert fand ich den am Ortsende liegenden Rorbu-Gasthof, in dem tatsächlich eine stattliche Anzahl Gäste beim Essen saßen. Leider alles in festen Gruppen, in denen man sich als Individual-Reisender ziemlich blöde vorkommt. In der Nähe gibt es sogar einen kleinen Schwimmsteg für zahlende Gäste.

Ein kleines Stück weiter, nach einer Weggabelung, endet am Friedhof bzw. am Fußballplatz die Straße und der feuchte Trampelpfad um einen Teil der Insel beginnt.

Damit hatte ich 90% des „radelbaren“ Teils der Insel gesehen. Lohnt es sich da zu bleiben und einen Sonnentag zu vergeuden? Denn das Ende des schönen Wetters ist bereits für Montag angekündigt.

Die Entscheidung ist klar: ablegen und auf nach Traena.

Kurz danach bedaure ich sie etwas: mir kommt 200 m vom Steg entfernt ein Segler entgegen, der mich anspricht und bei dem Rorbu-Gasthof bleiben will. Es könnte ein netter Abend werden. Aber ich bleibe bei meiner Entscheidung, die ich später nicht bereuen werde.

Blick zurück zur Insel Lovunda im Süden kurz vor 22 Uhr. Am linken Bildrand der Ort und deutlich zu erkennen: auf diesen Berg kommt man nicht in Turnschuhen.

Die Navigation nördlich von Lovunda ist nicht von Pappe. Die Insel bei schlechtem Wetter von Norden aus anzulaufen ist sicher kein Vergnügen.


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Für zwei Tage nach Träna

Der Sonne entgegen. Der Tag war fast wolkenlos und bleibt es bis zu seinem Ende. Die Inselgruppe Traena liegt weit draußen und wirbt damit, dass westlich von ihr nur der Ozean und dann Grönland liege.

Træna voraus. Es ist etwa 20 Minuten vor Mitternacht. Die markanten Berge von Træna liegen auf einer nur an einer kleinen Bucht bewohnbaren Insel namens Sanda oder Sanna.

 Mein Ziel für heute Nacht ist die davor liegende, flache und damit leicht bewohnbare Insel Husöy, d.h. „der Insel, auf der Häuser stehen“.

Husöy ist nicht schwierig anzusteuern, aber trotz der reichlich vorhandenen Unterlagen ist nicht auszumachen, an welchem der vielen möglichen Kais ich am besten festmachen kann. Also rein segeln und alles in Augenschein nehmen.

Husöy am Samstag Morgen. Ich habe zunächst nichts besseres als diesen Schwimmsteg gefunden, der vor einer Rorbu-Anlage liegt und vom Bootclub als Gästekai bezeichnet wird.

In Wirklichkeit ist er von den - diesmal polnischen - Anglern okkupiert, so dass ich gezwungen bin, mich hinter das unbewohnte Motorboot zu legen.

Einer der Angler spricht fließend Englisch, ist freundlich und aufgeschlossen, geht aber vollständig in seinem glitschigen Hobby auf. Seine Mitangler zeigen keinerlei Interesse für irgend etwas anderes als Fisch.

Mit einiger Mühe bringe ich mein Rad über das hochbordige Motorboot an Land und erkunde die Insel.

 

xDie Beute zweier Angler an einem Vormittag. Der weitere Ablauf wird sein: die Fische werden zerlegt, ausgenommen und filettiert. Das kann bei diesen Mengen einige Stunden in Anspruch nehmen und ist eine schmierige Angelegenheit, die wohl auch einiges Geschick oder zumindest Übung erfordert.

  Dann werden die Filetstücke in der benachbarten Fischfabrik auf minus 32 Grad tief gefroren. Anschließend werden sie in Styropur-Kisten gepackt und können so drei Tage ohne zusätzliche Kühlung mit dem Auto bis Stockholm und von dort mit der Fähre bis nach Danzig und weiter bis Warschau oder Breslau transportiert werden. Letztendlich kommen sie auf den eigenen Tisch oder auf den von Freunden und Bekannten. (Was die Norweger stinkig ärgert, auch wenn einige ihrer Landsleute an diesen Gästen gut verdienen.)

Husöy. Der eigenartieg Berg im Hintergrund heißt - uh, Namen vergessen. Die lange Kaimauer am rechten Bildrand ist der Gästehafen für Fischer mit einem Dusch- und WC-Häuschen.

Der Weg von PHINEs Liegeplatz (weit im Hintergrund) vorbei an diesem Aussichtspunkt bis zum Ortskern ist etwa zwei Kilometer lang.

Die Insel wirkt so, als ob sich die einheimischen Fischer noch einigermaßen gegen den Ansturm der Sommertouristen erwehren können.

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Ich erinnere mich vage, dass die Lage des Polarkreises variert*. Das scheint auch wichtig zu sein, denn in dieser Gegend reklamieren viele Orte, dass sie unter dem Polarkreis liegen und schmücken sich mit demselben Globus, den man auch am Nordkapp antrifft.

Dieser Globus steht am Fähranleger von Husöy, also da, wo die Touristen auf die Insel strömen sollen.

*) Beim Nachschlagen habe ich gefunden, dass die Erdneigung von 21°55’ bis 24°36’ pendelt und man gemeinhin den konstanten Wert 23,5° verwendet. Auf den nördlichen Polarkreis bezogen bedeutet dies, dass der gemittelte Wert bei 66°30’ oder 66,5° liegt, während die Schwankungsbreite von  65°24’ bis 67°05 reicht. Das ist immerhin eine Entfernung von 101 Seemeilen oder rund 180 km. Nur: der Zeitraum von einem Extrem zum anderen beträgt rund 41.000 Jahre, da müssen einige Gemeinden noch viel Geduld haben.

 


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Die Kirche von Husöy

Zu meiner Überraschung war die Kirche offen, was nur selten in Norwegen der Fall zu sein scheint. Es soll eine Reihe von Beschädigungen oder Bränden gegeben haben, die zu dieser Vorsichtsmaßnahme führten. Auf jeden Fall lohnt diese Kirche einen Besuch.

Blick zurück zum Eingang. Es ist einer der ansprechendsten Innenräume, die ich in einer Kirche gesehen habe.

Die Kirche liegt im Ortskern direkt neben einer kleinen flachen Bucht, von der ich überzeugt bin, dass sie der ursprüngliche Hafen des Ortes war. (An der Mündung der Bucht steht der Globus. Dort befindet sich auch der einzige Landhandel.) In Husöy wohnen gut 90% der 464 Bewohner der Gemeinde Träna, die aus nur drei bewohnten Inseln weit draußen im Meer besteht. Nebenbei: ist das ein Wetterchen?


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Mein Favorit: Myken

Die Insel Myken ist für mich der Inbegriff einer einsamen Fischerinsel, auch wenn sie auf Grund ihrer Kleinheit und abgeschiedenen Lage keine Chance hat, als “Fiskevaer” zu überleben.

1997 wäre ich um ein Haar schlafend quer durch den Naturhafen der Insel, einen Sund, gesegelt, hätte mich nicht das Gepiepse meines GPS fünfzig Meter vor der Insel geweckt - genauer gesagt, 100 m südlich der Einfahrt. Das allein ist ein Grund, mich immer wieder an diese Insel zu erinnern.

Es muss noch andere geben, die diese Insel - zumindest im Sommer - lieben, denn der Verfall des bescheidenen Fischgewerbes ist unübersehbar. Dieser Wegweiser holt aber auch alles aus der Insel raus, was es dort gibt oder geben könnte, wie die Telefonzelle (“Telefonkiosk”) in 448 m Abstand, die ich schon 1997 vergeblich gesucht habe. Was ich aus Zeitgründen leider nicht gestestet habe: die Bibliotek, so es sie gibt, in 344 m Entfernung.

Dieser solide Schwimmsteg ist neu und seine Benutzung scheint gratis zu sein. Im Hintergrund der wichtige Leuchtturm von Myken.

Ein Blick von der Aussichtsplattform oberhalb der Ortsmitte in Richtung Festland: Die Berge im Hintergrund enden in der Bildmitte: dort liegt Kunna. Dort knickt die Festlandküste nach Osten ab. Der kleine schwarze Turm im Hintergrund ist eine Varde.

Ich bin davon überzeugt, dass es Varden seit mehreren Hundert Jahren an der norwegischen Küste gibt. Man findet diese Steinhaufen immer dort, wo es schwierig ist, das richtige Fahrwasser zu finden. Und man sieht sie selbst dann noch, wenn Leuchttürme oder Leuchthäuschen schon im Dunst unerkenmbar geworden sind. Ob es auch die hilfreichen eisernen “Hände”, die anzeigen, an welcher Seite der Varde das Fahrwasser vorbei führt, schon von Anfang an gab, möchte ich bezweifeln. (Im Hintergrund: der Leuchtturm von Myken.)

An Tagen mit ruhigem Wetter und klarer Sicht schalte ich meinen GPS ab und navigiere entlang der zuverlässig mit Varden gekennzeichneten Fahrwasser und im bewährten Vertrauen darauf, dass in Norwegen Unterwasserklippen, die in gefährlicher Nähe eines Fahrwassers liegen, zusätzlich durch Eisenstangen markiert sind. Nur sehr selten lassen auch die Norweger diese bewährten Seezeichen verfallen.  

Das ist eins der reizendensten Häuser von Myken. Es scheint einen Liebhaber gefunden zu haben, der es vor dem Verfall bewahrt. Im Hintergrund der Leuchtturm, der 1997 noch bemannt war. Heute scheint Myken fast nur noch eine Sommerhaus-Insel zu sein. 1997 gab es hier noch mehrere Fischer. Dieses Jahr traf ich nur noch einen, der sich glücklicherweise bereit erklärte, mir die schon fast verfallene Diesel-Zapfsäule zu öffnen.

Die nordöstliche Einfahrt in den Naturhafen von Myken. Auf der rechten Insel ist das weiße Leuchtturmhaus zu erkennen. Auf der linken Insel liegt das ehemalige Fischerdorf, das man auch durch eine südwestliche Einfahrt erreichen kann. Am Horizont ist Träna zu sehen. Diese Luftaufnahme stammt aus einem älteren norwegischen Buch.

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